Weinkuriositäten von Sepp Baldrian

Weinanekdoten
Ein Fehler meines Lebens

Kein Ornat, kein Schwert zu haben und durch eigene Fehler von einer Elite ausgeschlossen zu sein – das ist das Drama meines Lebens!
Die Vorgeschichte: Ich bin Schreiberling einer Weinfachzeitung – nicht einer der elitären Feinschmeckerzeitungen, die mit wunderschönen Worten einen Wein beschreiben können, den ich nicht trinken möchte -, denn ich habe noch nie einen Tennisplatz gekostet („typischer Tennisplatzton“), und auch den Geruch von „nassem Hundefell“ möchte ich nicht im Glas. (Gut, den üblichen Früchtebecher – grüne Äpfel, Himbeeren, Brombeeren, Kirschen, Pflaumentöne usw. – mag ich, allerdings im Joghurt! Wie auch immer, meine Themen sind die Quercus Suber, die Kober 5BB, Oidium oder Hefen – also nichts, das irgendwen sonderlich begeistert.
Still und einsam saß ich vor ca.12 Jahren bei meinem PC und grübelte über Korkprobleme (Quercus Suber ist die Korkeiche – ich wollte in der obigen Zeile nur mit meinem Wissen glänzen). Plötzlich ein Anruf! „Mein einziger Leser!“, war die Annahme. Aber nein – es meldete sich die Comptur einer großen Sache – der „burgenländisch-pannonischen Weinritterschaft“ .
Ich wurde eingeladen den Tempel, die Burg und den Oberritter zu besuchen. Herr T., mit einem adeligen Doppelnamen versehen, musste sich offensichtlich geirrt haben – deshalb nichts wie hin, ehe er den Fehler korrigieren könnte!
Am nächsten Tag glänzte die Metropole Eisenstadt in der burgenländisch-pannonischen Sonne! Hinein in das Getümmel des Verkehrs – 4 Autos und ein Traktor bildeten die Kolonne. Da schon das Schloss, von dem die Magistrale in das pulsierende Zentrum führt. Das 2. oder 3. Haus auf der linken Seite – die Comptur – ein kleines Schild.
Innen empfing mich ein Hüne, der mich in einen Kultraum führte (Keller): „Sehen Sie diesen schweren Tisch? Dieser verbindet das Holz untrennbar mit der Erde, die uns den Wein beschert!“ Diverse Pergamente an der Wand mit beeindruckenden Versalien und dem Prinzipien der Ritter unterstrichen die Weihe dieses Raumes.
Die Ausführungen über Gott, Weinbau, Brüderlichkeit, Ritterlichkeit beeindruckten! Dabei wurde eine Flasche Wein geöffnet – und ein Teil in einem großem Bogen auf den Boden geschüttet. Der Trunk für die Erde, die uns diesen Wein beschert hat. Der Wein war gut, so blieb es nicht bei einer Flasche, und die Ausführungen gingen immer mehr in die Tiefe. (Die burgenländisch-pannonischen Weinritter waren überkonfessionell im christlichen Glauben, d. h. evagelische und röm.-kath. Bürger konnten Mitglieder werden und „hohe Priester“ wirkten mit.)
Dann wurde ich eingeladen an einem der nächsten Sonntage in Rust an einem „Convent“ oder so ähnlich – naütrlich mit römisch-katholischen und evangelischen Geistlichen und den Rittern – teilzunehmen. Dann zeigte mir der Ritter das dazu nötige Outfit – ein Schwert aus edlem Kunststoff, einen roten Umhang und eine Schärpe -, mit dem ich mich bekleiden sollte. Als ich all dieses Wunderbare sah und mich kleinen Mann darin vorstellte, verließ ich sehr rasch die Comptur. Damals dachte ich: Wenn es noch eine Maske dazugäbe – OK, aber wenn mich meine Tochter sähe – im Roten Umhang, mit einem Plastikschwert, das über den Boden schleift – dann würde sie vielleicht an meinem Zustand zweifeln…
Heute hat diese Ritterschaft übrigens einen anderen Namen.

Zu Weinrittern und Brüdern:

Diese Menschen werden oft verkannt und von ihren Frauen manchmal als „Du und Deine Saufkumpanen“ angesprochen. Vielerorts wird ihnen mit breitem Unverständnis begegnet, obwohl das Outfit beeindruckt: Schärpen, Capes, das umgehängte französische Kostblech, um bei aufkommenden Trinkwünschen sofort unabhängig von einem Glas zu sein. Das vom Gebet im Weingarten gerötete Gesicht, die Orden, verbunden mit einem gesetzten Alter, dies alles weist auf die Elite hin.
Anlässlich der „Vin Austria“ in Salzburg durfte ich die Aufnahme von Claus Maierhofer erleben: 5 Mannen in roten Mänteln – mit einem hermelinartigen Kragen – wankten, durchdrungen von Ihrer Aufgabe, in die Messehalle. Ein Polster in der Gesichtsfarbe (also dunkelrot) wurde auf den Boden gelegt. Der Mann kniete nieder, der „Obertrinker“ – Verzeihung „-Ritter“ – murmelte Formeln (Latein? Pannonisch?), nahm sein Schert mit zittriger (Stress) Hand, schlug auf eine Schulter, sagte etwas, dann auf die andere Schulter und sagte etwas anderes. Die anderen vier Ritter standen dabei, auch im vollem Ornat, im Kreis herum. Es muss damals ein Erbeben gewesen sein, denn es sah aus als ob sie wankten.
Nach dieser Zeremonie wurde Claus Maierhofer vom Hosp (so glaube ich heißt das) zum Ritter. Dann torkelten die Ritter – nicht ohne zuvor noch einen oder mehrere Schluck genommen zu haben – von dannen. Den Messebesuchern, dem Pöbel, blieb im wahrsten Sinne der Mund offen, nur dumme Kinder hauten sich vor Lachen ab.

Das beste ist aber eine Weinbruderschaft in Spitz, die vor 9 oder 10 Jahren gegründet wurde: Das Unternehmen bestand in der duplexen Gründung einer Ritterschaft sowie einer Bruderschaft. Dazu entwickelte der Gründer verschiedenartigste Philosophien, zig Seiten über Gott, Wein, Ritter, Brüder, die Welt, den Kosmos. Eines kam dabei durch: Ritter müssen mehr bezahlen als die Brüder.
Ein Ritter, verbunden durch diverse Eide, hatte seinen Ritterkollegen eine wunderbare Lösung für ritterlichen Reichtum entwickelt – den Spitzer Gral! Das Prinzip war ziemlich wundersam: Man zahlt 500 000 Schilling auf ein Konto im Ausland ein und bekommt 5 Mio. Schilling zurück. Dieses Angebot wurde auch mir (obwohl weder Ritter noch Bruder) unter dem Eid des Ritters als „Weg zum Gral“ angeboten. Leider habe ich auch davon Abstand genommen. Aber einige dürften dieses Wunder angenommen haben. Es wurde dann sehr still um die Ritter…
Aber auch die Brüder, durch hehre Ziele mit dem Göttlichen, dem Wein, dem Kosmos usw. verbunden, waren etwas seltsam: Ein führendes Mitglied war „der Commendatore“: Als Rolls Royce-Fahrer, mit Goldketten und Goldrolex und schmucken Schlangenlederstiefeln, wirkte er als wahrer Bruder, wobei seine Schwestern einem abendlichen Borterwerb nachgingen.
Dann ging es Schlag auf Schlag: ein Bruder beschwesterte die Frau des Oberbruders, die Härte der Strafe manifestierte sich im gandenlosen Ausschluss – mit einem Ritterturnier im Wirtshaus – eine wilde Geschichte…