Die Rätselhafteste Sortenbezeichnung oder wie wir einen einzigartigen Schatz durch kurzfristiges Denken (fast) verloren haben.
Die Basis: Erzherzog Johann, ein großer Förderer der Steiermark und der Landwirtschaft erstellte unter anderem ein „Versuchsgut“ für Wein und holte verschiedenste Reben in die Untersteiermark. So auch für sein Gut der Herrschaft Stainz 1890 und selektionierte aus den über 300 autochthonen Sorten die bestmöglichen Typen. Der Selektionsprozess, respektive die Zucht geht in Österreich in die Zeit der Kelten zurück – Mirka war der Begriff der bis 1900 üblich war – der am besten / meisten tragende Weinstock erhielt ein Band aus Stroh. Der Stock, der die höchste Reife erreichte ein anderes, differenziert durch die Bindeart – später durch die Farbe, die man durch Grubben vermehrte.
Ein Typ aus diesen Prozessen wurde ein guter Träger mit fruchtbetonten, leicht muskierenden – Tönen, der die Bezeichnung Morillon erhielt. In den Geschmacksnoten nicht unähnlich dem Chardonnay aber mit einem eigenen Charakter. Mit Ausbruch des Chardonnay Hypes um 1980 war die Weinwirtschaft verrückt nach Chardonnay – weil neu – und er wurde in Massen gesetzt. Auf Grund dieses Hypes ersetzen die Winzer der Randsorte Morillon diesen mit Chardonnay, weil diesem nicht unähnlich (Morillon, imagelos, eine kleine regionale Sorte des kleinen Weinbaugebietes Steiermark, ohne Interesse der Weingurus und Medien – war der Morillon schwer verkäuflich, der Chardonnay der Hit am Markt).
Die Frage war der Morillon in seiner Urform eine eigenständige Sorte oder doch ein Chardonnay ist kaum zu beantworten. Alte Önologen, die als Lehrer in den Weinbau schulen tätig waren behaupten der Morillon ist eine eigenständige Sorte, die jungen Önologen sind der Ansicht Chardonnay (Klar, woher sollten sie auch den ursprünglichen Morillon kennen?).
Es kann aber Licht ins Dunkel gebracht werden. Im „Handbuch der Ampelographie“ aus dem Jahr 1878 wird von Hermann Goethe die Rebsorte Morillon blanc erwähnt und NICHT zu den Burgundern ( also dem Genotyp des Chardonnay) gezählt. Auch rein rein wissenschaftlich durch DNA-Analysen wurde gezeigt, dass Chardonnay eine natürliche Kreuzung zwischen Burgunder und Weißer Heunisch ist. DI Regner ( Rebzuchtexperte am Lehr- und Forschungszentrum für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg) et al. konnten bei ihren genetischen Klon-Evaluierungen einen der untersuchten Morillon-Klone als eigenständige Sorte definieren und gegenüber der Sorte Chardonnay abgrenzen.
Wissenschaftlich ist der ursprüngliche Morillon also eine eigene Sorte, die zu suchen wäre. 40, 50 jährige Weinstöcke sind extrem selten, aber es gibt mit Ing. Wolfgang Renner vom steirischen Versuchsgut Haidegg einen Experten, der sich mit Klonen der Sorte Morillon befasst.
Die Hoffnung besteht, dass man diesen vergessenen Schatz heben kann, von dem alte Önologen schwärmen (übrigens auch der Autor – ein 1968 iger Morillon aus Gamlitz blieb in seiner Einzigartigkeit über Jahrzehnte in Erinnerung).