Wein war durch die Jahrhunderte etwas Besonderes, Einzigartiges und Heiliges – siehe das Alte und das Neue Testament. Aber auch im Koran. Warum wohl?
Es war die Medizin schlechthin. Der römische Soldat musste täglich ein Glas Wein trinken, um einen Tag vor Typhus und Cholera geschützt zu sein. Bei den Mönchen, den Vorreitern der Weinkultur, war Wein das Mittel, um den Geist wach zu halten. Neueste Studien aus den USA belegen, dass das Demenzrisiko bei mäßigem Weingenuss um 50% reduziert werden kann. Unfassbar, aber erklärbar: Der Wein besteht zum Großteil aus zwei Säuren, der natürlichen Weinsäure und der Apfelsäure. Die Weinsäure ist jene, die die Verkalkung der Gefäße hintanhält und sogar lösen kann, der Kremser Primar Dr. Resch forschte hierzu. Die zweite gesundheitsfördernde Eigenschaft der Weinsäure ist die Fettspaltung.
Die Weinsäure ist in Zeiten der technisch beschleunigten Weinbereitung gefährdet
Durch den Einzug der industriellen, technischen Weinbereitung ging leider eines verloren: die Weinsäure! In Deutschland wird sie zu 70% durch Milchsäure oder technische Weinsäure ersetzt. Der Großteil des Weines heute ist ein angenehm zu trinkendes, alkoholisches Getränk, das durch Technik kundenorientiert gestylt wird. Viele Hundertjährige sprechen vom täglichen Glaserl Wein. Das natürliche Wundermittel Wein wird es aber dann nicht geben, wenn es industriell, technisch bearbeitet wird.
Heute wird mit Methoden wie Osmose oder Schleuderkegelkolonnen, sowie einem extremen Einsatz von Hilfsmitteln der Wein zwar nicht chemisch, aber physikalisch behandelt. Es ändert nichts daran, dass durch Membrandiffusion veränderte Produkte entstehen.
Wir vom Weinpanorama befassen uns mit Weinen, die noch in ihrer Urform entstehen dürfen. Denn das Erstaunliche ist, dass Weine, die Zeit hatten zu reifen und ohne Eingriffe Wein geworden sind, Geschmacksvielfalt und Aromen aufweisen, die der technisch erzeugte Wein in seinen Verfahren verliert.
Sepp Baldrian