Wenig Bekanntes vom Wiener Wein
Mit Kalksburg verbinden wir Weingenießer etwas, womit wir eigentlich nichts zu tun haben möchten, aber Kalksburg war auch einmal ein bedeutender Weinort.
Kalksburg liegt am Rand des südlichen Wienerwalds. Der Name leitet sich von Chalbsperger ab, zeitweise wurde die Ortschaft auch Kalbsberg, Kalksdorf und Kadoltsperg genannt.
Begeben wir uns also auf eine Spurensuche, verbunden mit den dort noch immer vorhandenen Weinbergen.
Die Ausgangslage: das Dorf Kalksburg war in der Zeit der Kutschen einen halben Tag von der Stadt Wien entfernt; Maria Theresia wollte aus der belasteten Stadtluft in die dörfliche Einsamkeit fliehen, und ein ordentliches Schloss ist ja schnell gebaut (heute das ehemalige Jesuiten Kolleg, die Kaderschmiede der K. u. K. Monarchie):
Leider noch nicht in den Weinbergen, aber am Wasser (was ja zusammengehört), entlang der Liesing gegenüber dem prächtigen Schloss, steht ein Haus eines Vasallen, dessen Fassade nur aus kleinen Steinen besteht. Das Steinhaus ist einzigartig, leider ist es aber in den 60iger Jahren mit einem Anbau verhunzt worden.
Neben diesem befindet sich eine Anstalt deren Zweck mir unbekannt ist – diese besteht im Kern aus 3 Villen. Die Palais in diesem Gebiet wurden durch die Befreier ab 1945 bewohnt, d. h. ein Großteil war nach Abzug dem Verfall preisgegeben. So verwendete das Gesundheitsamt diese für eine Genesungsanstalt.
Da bis 1945 eine Großkellerei, deren Reste noch auf der Breitenfurter Straße zu finden sind und sich eine zweite am Ende der Klause – Klausenstraße – befand, sind wir wieder beim Wein und seinen Auswirkungen.
Der große Feldherr baute mitten in den Weingärten (heute steht dort die Wotruba Kirche) eine riesige Kaserne. Der nahe Pappelteich war das Offiziersbad und ist als einziges erhalten geblieben. Jedenfalls ist der lehmige, mit Löss versetze Boden zwar gut für die Weingärten, aber weniger für militärische Großanlagen geeignet, denn diese begannen abzurutschen. Vielleicht auch deshalb, da der gesamte Berg Ecke Klausenstraße und Maurer Lange Gasse von einem riesigen verzweigten Kellersystem durchzogen waren. Heute steht dort eine Wohnsiedlung. Von dieser Kellerei aus wurde die gesamte alte Welt bis hin nach Indien mit Wein beliefert.
Jedenfalls hatten die Germanen etwas zum Trinken in der Nähe, und es blieb von dieser Kellerei und jener auf der Breitenfurter Straße noch genug für die Befreier über, denen aber der Wein weniger gut tat. Einige ertranken im Wein, denn damals öffnete man Fässer mit Kalaschnikovs und hielt seinen Helm unter die so entstandenen Löcher.
Weg von damals – was aber doch nicht ganz geht – bewegt man sich vom Kalksburger Friedhof über die Zemlinskygasse in Richtung Kirche.
Dort beginnen die Weingärten, und dereinst wurden dort auch Weine angeboten. Ältere erinnern sich vielleicht noch an das Rosenweingut und seine Weine. Da genügte zumeist ein Schluck, den man nie vergaß – es war ein eigener Genuss.
Rund um den Friedhof, der wenig Gespenstisches hat, sondern mit Dichtern wie Hugo von Hofmannsthal belegt ist und mit den Resten der alten K. u. K. Friedhofskultur des Adels sogar fröhlich und beschaulich wirkt.
Rund um diesen Friedhof liegen ausgezeichnete Weinlagen, die heute von den Shooting Stars wie Zahel, Steinklammer, Fuchs etc. bewirtschaftet werden.
Einer davon ist auch Herr Distl – der vom Schulweingarten – der letzte, echte Buschenschenker des südlichen Wiens.
Geht man vom Friedhof durch die Weingärten hinauf, kommt man zu einer der letzten großen Wiesen Wiens – der Himmelswiese. Linker Hand sieht man noch, dass hier früher große Steinbrüche waren, die am Abbruchgebiet des Mediterranen Meeres gelegen sind. Sie können auch heute noch relativ leicht einen Haifischzahn oder Ammoniten herausklopfen.
Dies ist auch deutlich am Haus Klausenstraße 8 erkennbar, wo ein altes Lehrerehepaar Ammoniten Abdrucke einer Salix (Weide) und anderes, das sie im Garten fanden, als Hausschmuck einmauerten.
Der ganze Berg war ein einziger Weinberg, der vom Hauptplatz bis zur Himmelwiese führte. Dieser hat etwas im österreichischen Weinland Einzigartiges – nämlich das Geröll. Sie können es leider nur durch einen Zaun sehen, wenn Sie von der Himmelswiese in Richtung Kirchturm durch das Dickicht auf verwachsenen Wegen gehen. (Das Geröll beginnt im Garten des Hauses mit dem Ammoniten und endet nahe der Himmelswiese.)
Ca. 220 Meter lang und bis zu 10 Meter breit in einer Höhe bis zu 2.5 Meter wurden hier alle Steine der Weingärten über Kilometer von Rodaun Mauer zusammengetragen und aufgeschüttet. Diese Plage muss unvorstellbar gewesen sein, aber der Kalksburger Wein war in der Zeit des dort lebenden Hochadels etwas Besonderes und rechtfertigte alles Mühen der armen (defakto) Leibeigenen.
Wie schmeckt der original Kalksburger Wein?
Er besitzt einer herrlichen Frucht (ausgelöst durch die kühlen Winde aus Richtung Breitenfurt, dem Wienerwald, verbunden mit einem warmen Boden), auch in sehr guter Reife. Nicht schlecht. Fragen Sie einfach bei Zahel, Distl Steinklammer und Co. nach einem Wein aus den Kalksburger Rieden.
Abschließend:
- hier wurde auch die erste Pferdeisenbahn und später ein Dampfverkehr von Hietzing nach Kalksburg eingerichtet.
- Hier wurden die Berge hinter dem Schloß Kahl vom Kaiser aufgeforstet (Heizmaterial!).
- Hier wurde auf der Straße nach Rodaun entlang der Liesing ein Hotel mit einer Kaltwasserkuranstalt gebaut.
- Hier war der Ort, wo die österreichischen Experten den Einmarsch des großen Fachmannes koordinierten.
- Hier entsprang entlang der Liesing die letzte Thermenquelle, eine kleine verfallene Hütte nahe eines Steges sind die sichtbaren Reste. Das Wasser war die Grundlage des exzellenten Liesinger Bieres bis in die 60er Jahre.
Kaum zu glauben, was in unserem Mikrokosmos zu finden ist!
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